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Lesung von Navid Kermani

über das Näherkommen an das Unbekannte und an Gott

Die Aula des St. Ursula Gymnasiums ist reichlich gefüllt mit literarisch interessierten Menschen jeden Alters und wohin man blickt, schaut man in erwartungsvolle Gesichter.
Sie alle warten auf ihn, Navid Kermani, Autor des Buches „Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen.“

Als Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels und gehandelter Bundespräsident-Kandidat blickt er an diesem Abend in interessierte Gesichter. Nicht nur Muslime und Christen, sondern Menschen aller Religionen und Glaubensgemeinschaften sind versammelt, um seine Antworten auf die Fragen nach Gott zu hören. Und auch Atheisten sind im Publikum zu finden, denn wie Kermani später sagt, habe jeder einen anderen Zugang zu Religion und die Wege zu Gott seien so zahlreich wie die Atemzüge eines Menschen.

Wie genau kann man sich diese Fragen nach Gott vorstellen?
Kermani versucht in diesem Buch seiner Tochter den Islam, den sein Vater praktizierte, näher zu bringen. Doch nicht nur der Islam, sondern auch Wissenschaft, Philosophie und Sprache und viele weitere Faktoren sind wichtig für die Betrachtung von Religion. Jeden Tag versucht der Erzähler auf seine Weise seiner Tochter dies näher zu bringen und am Ende stellt sie Fragen, auf die er wieder eingeht. Und auch wenn das Buch nicht genau so der Realität entspricht, sei der Autor in jedem der Charaktere zu finden, dem Großvater, dem Vater und der Tochter. Kermani betont, dass dies nur Versuche seien, der Tochter etwas näher zu bringen, denn wie sich am Ende des Buches zeigt, ist sie nicht vollends mit seinen Erklärungen zufrieden. Kermani vertritt die Ansicht, man könne nur etwas lernen, indem man die Erfahrungen selbst mache und so seinen Horizont erweitere.
Kermani spricht von der Wichtigkeit des Reisens in andere Länder und Regionen, da die Erfahrungen, die man dabei gemacht hat, sich im Umgang mit anderen Menschen widerspiegeln. Er kritisiert, dass viele Auslandskorrespondenten verschwunden seien und somit die Möglichkeit der lokalen Berichterstattung verloren ginge. Der Autor findet es essenziell, die eigene Komfortzone zu verlassen und Neues zu entdecken. Denn je alltäglicher das Fremde sei, desto weniger Angst habe man davor.

Kermani wird an diesem Abend begleitet von der Religionswissenschaftlerin Magdalena Modler-El Abadaoui. Sie moderiert durch den Abend und stellt ihm Fragen. Daraufhin liest der Autor einzelne Kapitel vor, um seine Antworten zu untermauern.
Und nicht nur sie hat Fragen an den Autor: mit im Gepäck sind auch die Fragen zweier Abiturklassen zwei Freiburger Schulen. Einmal ein katholischer Religionskurs der zwölften Klasse des St. Ursula Gymnasiums und ein Kurs des Montessorizentrums Angell.
Sie stellten die schwierige Frage, wie man im Alltag Freiheit erlangen könne.
Kermani betonte, dass man Freiheit nur erlange, in dem man daran glaube, dass alles von etwas Höherem bestimmt werde, das einen leite.
Er spricht viel über die Unendlichkeit in uns und in unserer Welt, sowie die Nächstenliebe. Denn die Jugend der heutigen Generation sei so besorgt um die nächste wie keine andere zuvor. Doch nicht nur die Unendlichkeit sei ihm wichtig, sondern auch die Schönheit in den Dingen sowie die in Gott. Er erzählt von Taxifahrern, die den Koran sangen und die Klänge von der naheliegenden Moschee, die im Halbschlaf an sein Ohr gelangten.

Es war ein kurzweiliger Abend, der zum Nachdenken anregte und trotz der Ernsthaftigkeit des Themas Momente zum Lachen aufwies.

Luisa Link, K2